Auslese 12/2011

Wohnungsgebrauchsrecht bei Schenkung - Wer hat welche Rechte?

Bei der Schenkung von Liegenschaften im Familienbereich ist es durchaus gängige Praxis, dass die Geschenkgeber, somit in der Regel die Eltern, weiterhin auf der Liegenschaft wohnen bleiben und sich diesbezüglich zur Absicherung ihrer Rechte im Schenkungsvertrag ein Wohnungsgebrauchsrecht zurückbehalten. Die Einräumung eines solchen Wohnrechts oder Wohnungsgebrauchsrechts erfolgt in aller Regel unentgeltlich bzw. in Gegenleistung zur Schenkung der Liegenschaft an sich.

Bei einem Wohnungsgebrauchsrecht handelt es sich um eine persönliche Dienstbarkeit (ein so genanntes Servitut), wodurch den Servitutsberechtigten, somit den Eltern, jeweils das Recht eingeräumt wird, die bisher in ihrem Eigentum gestanden habende Liegenschaft auch weiterhin zu Wohnzwecken  - wie bisher - zu nutzen.

Die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts muss aber nicht notwendigerweise mit einer Liegenschaftsübertragung einhergehen, es kommt auch durchaus vor, dass ein Wohnungsgebrauchsrecht zur Absicherung von Lebenspartnern oder im Rahmen eines Testaments verfügt wird.

Welche Rechte erwachsen aus einem Wohnungsgebrauchsrecht?

Der Umfang des Wohnungsgebrauchsrechts ist daher jeweils individuell vereinbar. Wird etwa ein ausschließliches Gebrauchsrecht vereinbart, verliert der Eigentümer sogar das Recht, die Liegenschaft ohne Zustimmung des Gebrauchsberechtigten zu betreten.

Grundsätzlich handelt es sich dabei um ein dingliches, somit mit der Liegenschaft verbundenes, Recht, eine fremde Sache ohne Verletzung der Substanz bloß zum eigenen Bedürfnis zu nutzen. Der Wohnungsgebrauchsberechtigte ist daher NICHT zum Abschluss von Mietverträgen oder sonstigen Verfügungen über die Liegenschaft berechtigt.
In welchem Umfang genutzt werden darf, muss jeweils im Vertrag vereinbart werden. Speziell dann, wenn es sich nicht um ein Einfamilienhaus, sondern um eine Liegenschaft mit mehreren Wohneinheiten und einem gemeinsamen Garten handelt, sollten entsprechend genaue Vereinbarungen getroffen werden, welche Flächen der Wohnberechtigte in welchem Umfang nutzen darf.

Trotz der Bezeichnung "Wohnrecht" oder "Wohnungsgebrauchsrecht", ist - es sei denn, es wird im Vertrag etwas anderes vereinbart - davon auch die Nutzung der Nebenräume wie Keller und Dachböden, Abstellräume, Garagenplätze oder Carport, oder eben auch die Mitbenutzung von Gartenanlagen umfasst.

Speziell bei der Gartennutzung sind Vereinbarungen im Vorfeld zweckdienlich, nämlich auch, was allfällige Veränderungen des Gartens (Änderung von Bepflanzungen, Errichtung von kleinen Bauwerken, Baumschnitt etc.) betrifft.

Auch wenn das Wohnungsgebrauchsrecht eine persönliche, somit auf den Ausübungsberechtigter abzielende Berechtigung ist, ist nichtsdestotrotz damit auch das Recht verbunden, allfällige Lebenspartnern, und selbstverständlich auch minderjährige Kinder, auf der gegenständlichen Liegenschaft Unterkunft und Wohnung zu gewähren. Auch die Aufnahme von Pflege- oder Dienstpersonals durch den Wohnungsberechtigten ist im Regelfall zulässig. Ebenso schließt das Wohnrecht auch die Befugnis mit ein, fremden Personen das Betreten der Liegenschaft als Besucher zu gestatten.

Allfällige vertragliche Vereinbarungen, wonach dies rigoros ausgeschlossen wird, wären - sofern es hier nicht der Einzelfall aufgrund besonderer Konstellationen erforderlich macht - im Sinn einer allfälligen Sittenwidrigkeit zu prüfen.

Wer trägt welche Kosten?

Auch die Kostentragung ist letztlich Vereinbarungssache und spiegelt nicht selten den Zweck der Begründung eines Wohnungsgebrauchsrechts wider. Erfolgt die Schenkung zwischen Eltern und Kindern etwa um allfällige Regressansprüche bei Inanspruchnahme von Sozialleistungen aus dem NÖ Sozialhilfegesetz vorzubeugen, bleibt die Kostentragung in der Regel, wie vor der Liegenschaftsübertragung; die Geschenkgeber leisten weiterhin sämtliche mit der Liegenschaft im Zusammenhang stehende Abgaben und Gebühren und kümmern sich in der Regel auch um allfällige Wartungs-, Instandhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen.

Werden im Vertrag keine Vereinbarung getroffen, gilt grundsätzlich,  dass der Eigentümer für alles im Zusammenhang mit der Liegenschaft aufzukommen hat.

Zusätzlich treffen den Eigentümer auch die Erhaltungskosten der Liegenschaft. Er muss das Gebäude zumindest in einem brauchbaren Zustand erhalten, so dass die Ausübung des eingeräumten Wohnrechtes uneingeschränkt möglich ist. Im Falle von umfangreichen Sanierungsarbeiten muss der Eigentümer dem Wohnungsgebrauchsberechtigten sogar eine Ersatzunterbringung zur Verfügung stellen.

Grundsätzlich gilt der Grundsatz: Für den  Wohnungsgebrauchsberechtigten muss jener Standard gewahrt bleiben, der zum Zeitpunkt der Einräumung der Dienstbarkeit bestanden hat.

Als Liegenschaftseigentümer hat er auch die auf die Liegenschaft entfallenden Steuern, Abgaben und Gebühren zu übernehmen, sofern diesbezüglich keine Vereinbarung im Innenverhältnis mit dem Wohnungsgebrauchsberechtigten getroffen wurde.

Wie endet ein Wohnungsgebrauchsrecht?

In der Regel wird ein  Wohnungsgebrauchsrecht "auf Lebzeiten" gewährt, endet somit mit dem Tod des Wohnungsgebrauchsberechtigten.

Darüber hinaus ist die Aufgabe des Wohnungsgebrauchsrechts einvernehmlich, aber jedenfalls auch durch dem Gebrauchsberechtigten jederzeit möglich.

BEACHTE: ein Wohnungsgebrauchsrecht hat, je nach Lebensalter des Gebrauchsberechtigten, unter Umständen einen beträchtlichen Geldwert. Sofern daher der Eigentümer der Liegenschaft aktiv die Aufgabe des Wohnungsgebrauchsrechts fordert, kann hierfür, sofern der Gebrauchsberechtigte auf das ihm eingeräumte Recht keinen Wert mehr legt, ein Ablösebetrag gefordert werden.

Nach dem Wohnungsgebrauchsrechte die Verwertung einer Liegenschaft wesentlich erschweren bzw. oftmals sogar verhindern, sind die Liegenschaftseigentümer oftmals durchaus bereit, gegen entsprechende finanzielle Abgeltung die Wohnungsgebrauchsberechtigten "herauszukaufen".

ACHTUNG: Das Wohnungsgebrauchsrecht erlischt jedoch NICHT durch Nichtausübung, sofern das Recht nicht über länger als 30 Jahre nicht ausgeübt wird.

Zeitliche Abwesenheiten an Sommerwohnsitzen, Urlaubsorten, Krankenhäusern und Pflegeheimen führen daher nicht dazu, dass man sein Wohnrecht verliert.
Selbst wenn die Berechtigten dauerhaft in stationäre Pflege aufgenommen werden, bleibt das Wohnrecht also bestehen. Im konkreten Fall bedeutet das, dass der Eigentümer die Liegenschaft leerstehen lassen muss, da er nicht berechtigt ist, bei aufrechten Wohnrecht, die Liegenschaft selbst zu nutzen oder Dritten zu vermieten.

Erst dann, wenn das Wohnrecht für länger als 30 Jahre keinen einzigen Tag ausgeübt wird, hat der Eigentümer die Möglichkeit die Löschung zu beantragen.

Wie kann ich das Wohnrecht absichern?

Es ist übliche Praxis, das eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht im Grundbuch sichergestellt und daher für jedermann ersichtlich gemacht werden.

Für den Fall, dass eine Liegenschaft mit einem Wohnungsgebrauchsrecht verkauft wird, muss sich der Käufer dieses Wohnungsgebrauchsrecht zurechnen lassen und hat keine Möglichkeit, die auf der Liegenschaft wohnenden Personen, ohne entsprechende Abgeltung des Wohnungsgebrauchsrechts, an ihrer Nutzung zu hindern.

Wird das Wohnungsgebrauchsrecht nicht im Grundbuch sichergestellt, hat es lediglich eine Wirkung gegenüber dem Vertragspartner, nicht jedoch gegenüber Dritten.

Wird in einem solchen Fall die Liegenschaft verkauft, und wird der Käufer über das Bestehen eines Wohnungsgebrauchsrechts nicht informiert, bzw. muss dieser nicht notwendigerweise erkennen, dass hier ein Wohnrecht vorliegt, sind die Rechte der Wohnungsgebrauchsberechtigten nicht entsprechend abgesichert und müssen im Ernstfall dem Käufer weichen. In einem solchen Fall haben die Wohnungsgebrauchsberechtigten lediglich einen Schadenersatzanspruch gegenüber ihrem Vertragspartner, dem ehemaligen Liegenschaftseigentümer, etwa in der Gestalt, dass er hinkünftig die Wohnkosten der Wohnungsgebrauchsberechtigten (Miete, Betriebskosten, Übersiedlungskosten, Kosten für Einrichtung etc.) zu tragen hat.

Es ist daher dringend anzuraten, ein Wohnungsgebrauchsrecht jedenfalls im Grundbuch sicherstellen zu lassen!