Auslese 2/2012
"Ausfahrt Freihalten" - Das Recht auf den ruhigen Besitz
Was versteht man unter einer Besitzstörung?
Das Gesetz versteht unter einer Besitzstörungshandlung ein Verhalten, wodurch der ruhige Besitz, somit die ungehinderte Ausübung aller mit dem Besitz zusammenhängenden Rechte, insbesondere die ungehinderte Nutzung, das Betreten und Verlassen etc. verletzt wird. Aber auch jedes unerlaubte Betreten einer Liegenschaft, das Werfern von Gegenständen (insb. Baumschnitt) über den Zaun des Nachbarn etc. sind Besitzstörungen.
Der Besitzer ist in diesem Zusammenhang nicht verpflichtet, den jeweiligen Störer auf seine störende Handlung hinzuweisen bzw. ihn im Zusammenhang mit der Ausübung der störenden Handlung aufzufordern, diese zu beenden. Der Besitzer kann daher durchaus die besitzstörenden Handlungen gewähren lassen und danach trotzdem gegen den Störer mit einer Besitzstörungsklage vorgehen.
In der Praxis, speziell wenn das Ein- und Ausfahren aus einer Liegenschaft nicht möglich ist, wird der Besitzer den Störer - je nach Dringlichkeit - entsprechend auffordern, die Ausfahrt freizumachen. Nichtsdestotrotz ist dieser im Anschluss berechtigt, die Besitzstörungsklage zur Abwendung künftigen Fehlverhaltens des selben Störers, in Anspruch zu nehmen.
Ob der ruhige Besitz gestört ist, hängt nicht davon ab, wie lange die besitzstörende Handlung angedauert hat. Es ist im Falle des Verparkens einer Ausfahrt auch nicht erforderlich, das Fahrzeug zu verlassen.
Was versteht man unter einer Ein- / Ausfahrt; wie erkenne ich eine solche?
Es kommt nicht darauf an, dass sie in geeigneter Weise befestigt ist und dass der Randstein an der betreffenden Stelle abgesenkt ist. Die Erkennbarkeit der Ein- und Ausfahrt kann sich auch aus anderen Anzeichen ergeben, z. B. aus Mauerpfeilern, aus baulichen Gegebenheiten, Garagentoren, Bodenmarkierungen etc.
Unstrittig ist die Frage, wenn die Zu- und Ausfahrt durch ein entsprechendes Hinweisschild angekündigt wird, speziell, mit entsprechenden Verbotshinweisen.
Im Straßenverkehr kann eine Besitzstörungshandlung auch dadurch gesetzt werden, dass zum Zwecke des Umdrehens oder reversierens auf ein fremdes Grundstück, eine Parkfläche, Firmengelände etc. eingefahren wird.
Wer ist besitzstörungsklageberechtigt?
Nachdem hier auf den Besitz und nicht das Eigentum abgestellt wird, hat das Recht auf Wahrung des ruhigen Besitzes daher nicht nur der Eigentümer, sondern auch ein Mieter oder sonstiger Nutzungsberechtigter, dessen Mitbewohner etc.
Wie schnell muss ich im Falle einer Besitzstörung reagieren?
Das Gesetz sieht für die Geltendmachung einer Besitzstörungshandlung eine Frist von 4 Wochen ab Kenntnis der besitzstörenden Handlung vor. Allerdings muss- abweichend zu den sonstigen Fristen, bei denen die rechtzeitige Postaufgabe ausreicht - innerhalb dieser Frist die Klage bereits bei Gericht eingelangt sein. Wurde die Klage verspätet eingebracht und wird dies von der Gegenseite oder vom Gericht erkannt, droht der Klagsverlust. Nach Ablauf der vierwöchigen Frist besteht nur mehr die Möglichkeit, die Handlungen im Wege einer Unterlassungsklage zu bekämpfen.
Der Vorteil im Besitzstörungsverfahren liegt in seiner einfachen, und daher beschleunigten Verfahrensstruktur.
Was kostet eine Besitzstörungsklage und wer trägt die Kosten?
Sofern die Klage über einen Rechtsanwalt eingereicht wird, betragen die diesbezüglichen Kosten € 246,18 (Stand Jänner 2012). Aufgrund der Klage wird eine Tagsatzung anberaumt, für deren Besuch weitere Kosten in der Höhe von € 149,18 bzw. € 205,12, je nachdem, ob der Rechtsanwalt am Sitz des Bezirksgerichtes ansässig ist oder nicht, anfallen.
Erscheint die Gegenseite nicht, wird der Klage durch Versäumungsurteil stattgegeben und der Gegner mittels Endbeschluss zur Kostentragung verpflichtet. Erscheint der Gegner und wird die behauptete Besitzstörungshandlung vom Gericht als faktisch erwiesen betrachtet, wird in der Regel ein Vergleich geschlossen, in dem sich der Verfahrensgegner die Besitzstörungshandlung zugesteht und sich verpflichtet, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen (sofern dies nicht bereits passiert ist) und weitere Besitzstörungshandlung in Hinkunft bei sonstiger Exekution zu unterlassen.
Die bis dahin angefallenen Verfahrenskosten, € 395,36 bzw. € 451,30, hat der Besitzstörer dem Kläger zu ersetzen.