Auslese 9/2022
Meinungsfreiheit vs. Strafrecht – oftmals eine unbewusste Gefahr
„Wer schreibt, der bleibt“, in Zeiten von Shitstorms, Postings in Chats, Plattformen oder Messangerdiensten aktueller denn je. Oft wird dabei die strafrechtliche Relevanz übersehen.
Beispiele aus meiner Praxis:
* In einer Chatgruppe wird auf ein verschicktes kinderpornographisches Foto harmlos geantwortet.
Rechtsfolge: aufgrund Minderjährigkeit wurde von der Verfolgung der Tat (Strafdrohung bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe) abgesehen, aber wegen Verbreitung von verbotener Pornographie das Handy eingezogen und vernichtet, da Daten auf einem Handy wirtschaftlich nicht dauerhaft gelöscht werden können
* Posting, in dem man offen die standesrechtliche Hinrichtung der Politiker zur Abschreckung anderer Gesinnungsgruppe andenkt.
Rechtsfolge: da das Posting nach 20 min wieder gelöscht wurde, der Verfasser voll geständig und einsichtig war, wurden im Rahmen der Diversion eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen verhängt. Die Höhe des Tagsatzes ist einkommensabhängig und kostete dem Verfasser mit Durchschnittseinkommen € 3150,--. Wäre es nicht so schnell gelöscht worden, hätte eine bedingte Freiheitsstrafe gedroht.
In beiden Fällen wurden die Postings von Mitgliedern der Gruppen an die Polizei weitergeleitet.