Auslese 2/2010

ZWA BRETTL´N,  A G´FÜHRIGER SCHNEE

Kaum jemand kennt die FIS-Pistenregeln wirklich. Sie gelten nach ständiger Rechtspraxis für alle Schifahrer, Snowboarder und sonstige Pistenbenutzer. Es wird somit deren Kenntnis vorausgesetzt und ein Zuwiderhandeln kann bei Unfällen dazu führen, dass man straf- und zivilrechtliche zur Verantwortung gezogen wird.

Die Pistenregeln der FIS gelten grenzübergreifend in allen Ländern des alpinen Wintersports und werden im Falle des Rechtsstreits von der Rechtsprechung auch als Verhaltensmaßstab herangezogen, an dem das Verhalten eines am Unfall beteiligten Wintersportlers gemessen wird. Sollte sich im Falle eines Unfall herausstellen, dass sich einer oder mehrere der am Unfall beteiligten Wintersportler an diese Verhaltensgrundsätze nicht gehalten haben, kann dies nicht nur zu Schadenersatz- und Schmerzengeldansprüchen des Verletzten führen, es kann in einem solchen Fall auch eine strafrechtliche Verantwortung aufgrund fahrlässiger Körperverletzung die Folge sein.

Keinesfalls dürfen die Pistenregeln als ausschließliche und abschließende Limitierung für den Wintersport angesehen werden. Selbstverständlich ist darüber hinaus ein sorgfältiges und verantwortungsbewusstes Verhalten geboten, um sich und Dritte nicht zu gefährden.

So ist Alkohol bei der Ausübung von Wintersport jedenfalls zu vermeiden, das verwendete Material regelmäßig auf seine Tüchtigkeit zu prüfen und auch bei der Ausübung des Sports ansich darauf zu achten, dass durch entsprechendes "warm up" und regelmäßige Pausen der Körper nicht überanstrengt wird.

DIE FIS-PISTENREGELN IM EINZELNEN:

1. Rücksichtnahme auf andere Skifahrer und Snowboarder

Jeder Skifahrer muss sich so verhalten, dass er keinen anderen gefährdet oder schädigt.

Dabei ist nicht nur eigenes Fehlverhalten ausschlaggebend, sondern auch Schädigungen oder Gefährdungen, die sich infolge mangelnder Ausrüstung des Wintersportlers ergeben. Auch wenn diese Pistenregel auf Skifahrer und Snowboarder abstellt, sind selbstverständlich auch alle anderen Wintersportler gemeint, die im Zeitpunkt der Erstellung der Pistenregeln noch nicht am Markt befindliche Sportgeräte verwenden.

2. Beherrschung der Geschwindigkeit und  der Fahrweise

Wie im Straßenverkehr hat auch der Wintersportler auf Sicht zu fahren. Er hat seine Geschwindigkeit und seine Fahrweise nicht nur an sein Können, sondern auch an die Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnisse anzupassen. Die Fahrweise und Geschwindigkeit hat auch darauf Bedacht zu nehmen, wie viel auf den Pisten los ist.

Studien zeigen, dass Zusammenstößen auf den Pisten häufig auf zu hohe Geschwindigkeit, unkontrollierte Fahrweise oder mangelnde Aufmerksamkeit der Wintersportler zurückzuführen sind. Hier kann im Wesentlichen herangezogen werden, was auch im Straßenverkehr gilt. Soweit die Stelle unübersichtlich oder stark gefahren ist, hat der Wintersportler sein Tempo entsprechend zu reduzieren; dies gilt insbesondere für das Ende der Piste, im Bereich von Liften und Seilbahnen, sowie Kanten.

Fahren auf Sicht bedeutet insbesondere, dass der Wintersportler im Bereich seiner Sichtmöglichkeiten anhalten und ausweichen zu können hat.

3. Wahl der Fahrspur

Der von hinten kommende Wintersportler muss seine Fahrspur so wählen, dass der vor ihm fahrende Wintersportler nicht gefährdet wird. Vorrang hat der vorausfahrende Wintersportler. Wer hinter einem anderen herfährt, muss genügend Abstand halten, um den Vorausfahrenden für seine Bewegungen genügend Raum zu lassen. Dies hat heutzutage noch mehr Bedeutung als früher.

Durch das Carven wird die gesamte Piste in Anspruch genommen, was auch zulässig ist, jedoch umso mehr Rücksicht und Aufmerksamkeit des nachkommenden Wintersportlers erfordert. Grundsätzlich darf sich ein Wintersportler auf der Piste frei bewegen, solange er die diesbezügliche Regeln einhält und den Freiraum anderer nicht beeinträchtigt.

Darunter fällt auch, immer unter der Gruppe anzuhalten. Das beliebte "Einstaub´n" ist mit dem erheblichen Risiko verbunden, da bei einem Sturz oberhalb einer Gruppe diese zur Gänze mit niedergerissen wird.

4. Überholen

Wie überholt wird, nämlich von oben oder unten, von rechts oder von links ist nicht geregelt und darf somit frei gewählt werden. Wichtig ist jedoch, dass das Überholen so auszuführen ist, dass dem überholten Wintersportler immer ausreichend Bewegungsfreiheit zur Verfügung steht. Konkret ist daher stets ein entsprechender Sicherheitsabstand einzuhalten.

Auch hier ist letztlich an die Regeln des Straßenverkehrs zu denken; ein "Hineinschneiden" ist auch auf der Piste nicht erlaubt.

Die Regeln des Vorbeifahrens/Überrollens gelten selbstverständlich auch für stehende Wintersportler.

5. Einfahren, Anfahren und Hang aufwärts fahren

Jeder Skifahrer, der in eine Skiabfahrt einfährt, nach einem Halt wieder einfährt oder Hang aufwärts schwingen oder fahren will (Carving), muss sich nach oben und unten vergewissern, dass er dies ohne Gefahr für sich und andere tun kann.

Es ist darauf zu achten, ohne Gefahr für sich und andere sich in den allgemeinen Verkehrsfluss auf der Piste einzufügen. Auch hier ist wiederum auf das Fahren auf Sicht zu achten.

Diese Bestimmungen gelten im Übrigen auch, wenn man eine Piste lediglich queren will.

6. Anhalten

Das Anhalten auf Pisten sollte nur auf übersichtlichen, breiten und sonst hierfür entsprechend geeigneten Stellen erfolgen. Lediglich im Notfall ist das Anhalten an engen und unübersichtlichen Stellen einer Abfahrt zulässig. Im Falle eines Sturzes hat der Wintersportler eine solche Stelle so schnell wie möglich freizumachen, dies schon aus Eigeninteresse!

Im Falle des Anhaltens gilt daher, dass ein solches nur am Pistenrand zu erfolgen hat, es sei denn es ist sonst gar nicht anders möglich. Engstellen und unübersichtliche Abschnitte sind jedenfalls freizuhalten.

7. Auf- und Abstieg

Ein Ab- oder Aufsteigen zu Fuß hat immer am Rande der Abfahrt zu erfolgen.

Auch diese Regel dient im Wesentlichen dem Eigeninteresse des Wintersportlers, sollte allerdings auch nicht übersehen werden, dass durch Fußspuren die präparierte Piste beschädigt und hierdurch auch andere Wintersportler gefährdet werden können.

8. Beachten der Zeichen

Markierungen, Signale und Hinweistafeln sind unbedingt zu beachten!

Dies betrifft einerseits den Schwierigkeitsgrad der Piste, anderseits aber auch die Markierungen, die den Pistenrand anzeigen. Jedenfalls sind auch Lawinen-Warnhinweise ernstzunehmen.

Bei der Wahl des Schwierigkeitsgrades der Piste ist der Wintersportler frei, hat er doch auch hier seine Wahl nach seinen Fähigkeiten zu treffen.

Gesperrte oder geschlossene Pisten dürfen nicht befahren werden.

9. Hilfeleistung

Wie auch im Straßenverkehr ist auch der Wintersportler zur Hilfeleistung verpflichtet, wenn ein anderer Wintersportler verunfallt.

Hilfeleistung besteht einerseits in Erster Hilfe, Alarmierung von Rettungsdiensten und auch in der Absicherung der Unfallstelle. Letzteres sollte insbesondere durch gekreuzten Schi oder dergleichen erfolgen.

Mittlerweile werden viele Pisten videoüberwacht; kann daher festgestellt werden, dass ein Unfallort ohne entsprechende Hilfeleistung passiert oder verlassen wird, wird dies, wie im Straßenverkehr, als Fahrer- oder Unfallflucht geahndet werden.

Unterlassene Hilfeleistung stellt darüber hinaus einen Straftatbestand dar.

10. Ausweispflicht

Jeder Skifahrer, ob Zeuge oder auch Beteiligter, ob verantwortlich oder nicht, muss sich im Falle eines Unfalls ausweisen und seine Personalien angeben.

Diese Pflicht gilt sowohl gegenüber dem Rettungsdienst, als auch gegenüber der Polizei.

Auch bei geringfügigen Unfällen, die der Beteiligung von Rettungsdienst oder Polizei nicht bedürfen, sollte jedenfalls ein Adressaustausch für eine allfällige zivil- oder strafrechtliche Verfolgung des Unfallgegners selbstverständlich sein. Auch hier ist auf den Straßenverkehr zu verweisen.